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Erzähl mal: Wie ist es so in einem etruskischen Grab?

Interview mit Dr. Nicole Grom



Dr. Nicole Groms Lebenslauf liest sich atemberaubend:

Studium der Europäischen Ethnologie, Slavistik, Indologie und Theologie in Würzburg, München, Bamberg und Rom. Promotion im Fach Europäische Ethnologie an der Uni Bamberg. Arbeitet als Übersetzerin, Sprachcoach & Kulturwissenschaftlerin, Dozentin für Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der Fu Jen Catholic Universitiy in Taipei/Taiwan. In ihrer Freizeit schreibt sie seit 2016 für Kinder und Erwachsene. Ausgezeichnet und preisgekrönt. Nun hat sie ihre eigene Textagentur eröffnet.


Liebe Nicole, seit einiger Zeit betreibst du eine sehr erfolgreiche Textagentur. Wie kamst du auf den Namen „Die Textpäpstin“ und was erwiderst du Menschen, die dich dafür kritisieren?

Ganz einfach: Beim Korrekturlesen bin ich päpstlicher als der Papst – eben seine Steigerung: die Päpstin. Höchste Genauigkeit bin ich meinen Kunden schließlich schuldig. Aber diese Präzision bin auch meiner wunderschönen Muttersprache schuldig, verstehe mich als ihre Sachwalterin.

Jemand, der sich auf einem Gebiet gut auskennt, ist ein „Papst“. Ich kenne mich mit Texten aus, kann selbst Veröffentlichungen in nahezu allen Genres vorweisen. Wo liegt das Problem? Es hat mich überrascht, wie viele Menschen mich für diesen Namen kritisieren. Was erwidere ich? Dass ich nicht die richtige Ansprechpartnerin bin für jemanden, der Probleme mit der katholischen Kirche (oder womit auch immer) hat. Und dass ich Lektorin bin, keine Psychiaterin.


Du bietest auch ein Korrlektorat an. Was ist das genau?

Das ist eine Kombination aus Lektorat und Korrektorat für erfahrenere Autoren oder solche, deren Texte schon durch die Kontrolle mehrerer Testleser gegangen sind. Da diese Manuskripte schon weit gediehen sind, biete ich hier ein besonders günstiges Allround-Paket an, das beide Leistungen umfasst.

 

Was unterscheidet Dein Lektorat von anderen – und warum?

Mein Lektorat bietet immer auch ein wenig Sahne für die Seele. Es soll der letzte geschützte Raum sein, bevor dem Manuskript der raue Wind der Öffentlichkeit um die Nase weht. Als Autorin weiß ich, wie wichtig wertschätzende Arbeit am Text ist. Eine Atmosphäre des Wohlwollens, der Behutsamkeit zu schaffen, der individuellen Stimme des Textes Raum zu belassen bei aller Präzision im Umgang mit Sprache – das ist meine Vorstellung eines perfekten Lektorats. Das möchte ich leben und weitergeben. Denn nur allzu oft geschieht es, dass ein Lektorat Autoren entmutigt und sie ihrem eigenen Manuskript entfremdet. Ich spreche da leider aus eigener Erfahrung.  

 

Fühlst Du Dich gerade mehr als Autorin, Wissenschaftlerin oder Lektorin?

Ich bin immer alles drei, was mein Leben oft höchst spannend, leider aber oft auch höchst kompliziert macht. Ein Beispiel: Mit dem Bücherlesen als Privatmensch ist es sehr schwierig geworden. Sachbücher gehen noch. Aber Belletristik? Manchmal komme ich über fünfzig Seiten nicht hinaus, weil ich mir denke: Ich hätte das ganz anders geschrieben. Oder anders lektoriert. Und dann überall diese Rechtschreibfehler! 😊

 

Wie ich gelesen habe, schlägt Dein Herz für Italien. In welcher Region und/oder welcher Stadt fühlst Du Dich zuhause? Eine Option für die Zukunft?

Grundsätzlich überall dort, wo die Etrusker gelebt haben, besonders aber in der Maremma, also im Übergangsgebiet zwischen Latium und der Toskana. Italien ist immer eine Option – und für die Wissenschaftlerin in mir das Paradies schlechthin.


Was machst Du, wenn Du Dir eine Auszeit in Italien nimmst? Wie stellen wir uns einen Tag mit Dir vor? Du arbeitest an neuen Büchern, besuchst Museen, tauchst in das Leben ein. Gräbst Du dich auch durch die Vergangenheit?

Ich bin auf jeden Fall von früh bis spät unterwegs, besuche sehr viele Museen, mache Notizen, erspüre Vergangenes. Es ist mir wichtig, mir eine Gegend zu „erwandern“, denn nur so lässt sich in deren Seele eintauchen. Wenn ich auf antiken Wegen wandle, schaffe ich es manchmal, die Gegenwart völlig auszublenden. Besonders gerne bin ich in etruskischen Nekropolen unterwegs, teils mit Stirnlampe und, wenn nötig, mit Machete. Und natürlich hoffe ich, irgendwann einmal selbst an archäologischen Grabungen teilnehmen zu können.


Du hast mir einmal geschrieben, wenn Du Dich nicht im Lauf des Tages zurückmeldest, seiest Du in ein etruskisches Grab gefallen. Auch schon einmal geschehen. Was war da los?

Wenn ich in Italien bin, treibe ich mich gerne abseits der Touristenwege herum. Aus einem mir unerfindlichen Grund erspähen meine eigentlich völlig kurzsichtigen Augen mit absoluter Treffsicherheit etruskische Gräber. Dann muss ich natürlich sofort nachsehen, ganz egal, wo sich das Grab befindet. Bei den vielen Löchern im Boden kann es da schon einmal passieren, dass man in eins hineinfällt. Leider war „mein“ Grab nicht mehr intakt. Aber als ich mit der Hilfe eines Landwirts wieder rauskletterte, hatte ich eine Buchidee.


Du schläfst auch wenig. Denkst Du Dir dann Deine etwas gruseligeren Geschichten aus?

Eher umgekehrt: Die Ideen für gruseligere Geschichten kommen mir tagsüber, da die Nacht ja ohnehin eine abgründige Seite besitzt, die leicht wahrzunehmen ist. Am Tag aber glauben wir, „sicher“ zu sein. Doch gerade dann, im Alltag, kann Dich die kalte Hand des Schauders besonders anfassen. Nicht wahr?


Definiv! Glaubst Du eigentlich an Schicksal?

Ich glaube an harte Arbeit.


„Lotta und die Wunschfabrik“ ist Dein erstes Bilderbuch. Du hast es ohne Verlag herausgegeben. Würdest Du rückblickend sagen, es war die richtige Entscheidung?

Auf jeden Fall! Denn zum ersten Mal konnte ich mein Buchteam selbst zusammenstellen, war nicht von den Vorgaben eines Verlags abhängig. Und so entstand das erste Buch, mit dem ich rundum zufrieden bin – von den Illustrationen über das Layout bis hin zum ökologischen Druck. Möglich wurde all dies durch die fabelhafte Unterstützung von Fairpublishing Five Leaves und Edition Kleine Schriften, wo Nachhaltigkeit und Teamwork großgeschrieben werden. Mein neues Netzwerk aus Kreativen ist ein unschätzbarer Zugewinn für mich!


Du bist nun auch bei einer Agentur und einige Verlage schielen nach deinen Büchern. Das ist doch ein Meilenstein. Wie schätzt Du eigentlich die Zukunft des Verlagswesens ein? Wird das Buch überleben?

Ich hoffe, es bleibt nicht nur beim Schielen! ;) Aber meine wunderbare Literaturagentur Vössing Pittorf wird meine Buchkinder schon schaukeln. Ich bin optimistisch und sage: Bücher sind unersetzlich. Natürlich muss ich das als Autorin schon von Berufs wegen behaupten. Aber eine Alternative zum Buch ist bisher nicht ernsthaft in Sicht, auch wenn die sozialen Medien uns gerne etwas anderes erzählen wollen.


Anders als bei „Lotta und der Wunschfabrik“ gewährt Dir eine Fee drei Wünsche. Was würdest Du Dir wünschen?

▪ Dass die Menschen das Töten und die Ausbeutung von Tieren (zu welchen vermeintlich „guten“ Zwecken auch immer) sofort beenden;

▪ an der Börse immer auf die Gewinneraktien zu setzen;

▪ hin und wieder in ein unberührtes etruskisches Grab zu fallen mit ausreichend Zeit, mich dort umzusehen.


Was bedeutet Glück für dich?

Finanziell und von der Meinung anderer Menschen frei zu sein, viel Zeit in der Natur und mit Tieren zu verbringen.


Danke Nicole für das spannende Interview. Es tut so gut, dich als Lektorin und als Mensch an der Seite zu wissen. Wir werden sicher noch viele tolle Bücher von Dir lesen dürfen und wer weiß, vielleicht sitzen wir eines Tages zusammen bei einem Glas Rotwein und genießen den Sonnenuntergang in der Toskana.

Wenn ihr neugierig geworden seid, schaut doch mal auf Nicoles Homepage vorbei oder besucht Nicole bei Insta.

Ihre Bücher sind überall erhältlich, wo es gute Bücher gibt.







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